Lukas

Ich erzähle euch heute von einem ganz wunderbaren Menschen, mein ältester Sohn Lukas, der leider den Kampf gegen seine Medikamentensucht am 31.08.2022 verloren hat. Er ist an einer Medikamentenüberdosierung verstorben. Er ist einfach eingeschlafen und nicht wieder aufgewacht, so kann man es auch sagen.

Es fing im Sommer 2015 mit Kiffen an, da war er 16 Jahre alt. Vorher war ein ganz normaler Junge, vielleicht etwas schüchterner und sensibler als andere, aber wir haben uns nichts dabei gedacht und sahen dies als normale Begleiterscheinung zur Pubertät. Durch Zufall fanden wir ein Tütchen mit Hasch in unserem Flur und als besorgte Eltern haben wir ihn natürlich angesprochen. Er hat es damit abgetan, dass wir am Wochenende auch mal Alkohol trinken und er würde halt ab und zu mal kiffen.

Wir haben aber trotzdem drauf bestanden zur Drogenberatung mit ihm zu gehen und auch zu einem Kinderpsychologen. Bei der Drogenberatung sind wir damals mit der Antwort rausgegangen, machen sie sich keine Sorgen Hasch ist keine Einstiegsdroge und beim Kinder-Psychologen hat Lukas die Therapie verweigert und so standen wir ganz alleine da als Eltern. Wir mussten zusehen, wie sein Konsum immer größer wurde und er selbst uns aber immer beruhigen wollte: „Macht euch keine Sorgen ich habe das im Griff.“ Aber so war es nicht. Es kamen immer mehr Substanzen dazu, zum Schluss waren es halt auch Benzos, Opiate und so weiter. Zu seinem Onkel hat er mal gesagt, es gibt nicht viel, was er nicht probiert hat.

Wir waren völlig hilflos, manche dieser Dinge kannten wir ja noch nicht mal bis zu diesem Zeitpunkt.

Ich weiß nicht mehr, wieviele Gespräche wir mit ihm geführt haben. Jedes Mal kam das Versprechen, er würde jetzt aufhören und irgendwie wollten wir es auch glauben.

Er war ein sehr intelligenter Mensch und wir hofften oft, es ist vielleicht nur eine Phase, und er kann das ja nicht ewig machen.

Ich habe immer sehr viel Angst um ihn gehabt, ganz oft war ich aber auch wütend auf ihn, weil ich es nicht verstanden habe, warum er es überhaupt gemacht hat. Ich dachte immer, er hat doch ein schönes Zuhause, einen tollen jüngeren Bruder und liebevolle Eltern, die alles für ihn getan hätten und ich hoffe auch getan haben, um ihn zu retten.

Mein Lebensspruch war immer „mit Liebe kann man alles schaffen“, doch so ist es leider nicht.

Nach mehreren Versuchen aufzuhören, hatte er sich im Mai 2022 selbst auf Wunsch seiner Chefin in eine Klinik eingewiesen und dort einen körperlichen Entzug hinter sich gebracht. Nach vier Wochen wurde er dort entlassen und wartete auf seinen psychischen Entzug. Diesen wollte er allerdings nicht mehr stationär machen, sondern ambulant, was für mich eine Katastrophe war, denn als Mama ahnte ich, das kann nichts werden und er wird ganz schnell wieder rückfällig. Ich habe so auf ihn eingeredet und wollte ihn von einem stationären Entzug überzeugen, aber er wollte das einfach nicht.

Sein erster Termin, den er dann gehabt hätte, war der 08.09.2022. An diesem Tag haben wir ihn dann schon beerdigt, da er mittlerweile wieder rückfällig geworden ist.

Obwohl wir eigentlich dachten, dass Lukas auf einem guten Weg war, zwar noch nicht perfekt, aber wir hatten etwas Hoffnung – und aus dem Grund waren wir ein paar Tage in Urlaub gefahren. Am 31. August 2022 um 07:30 Uhr morgens erhielten wir den Anruf meiner Schwiegermutter: „Kommt bitte nach Hause, Lukas liegt tot bei euch im Wohnzimmer.“ Und man denkt nur, das ist jetzt gerade nicht wahr, was du da hörst.

Auch nach fast drei Jahren will ich es oft immer noch nicht wahrhaben. Ich frage mich, wann ist dieser Scheiß-Traum endlich zu Ende. Er war doch noch so jung und hatte doch noch sein ganzes Leben vor sich. Warum hat er keine Chance mehr bekommen, seine Sucht zu besiegen? Er war so ein toller junger Mann und konnte mit seinem Lachen alle mitreißen. Außerdem war sehr hilfsbereit und hat immer mehr an andere, als an sich selbst gedacht.

Ich möchte keinem von Euch Angst machen und ich wüsche es keiner Mama und keinem Papa, sein Kind zu verlieren, doch leider ist es die traurige Wahrheit, dass es jeder Familie passieren kann, selbst wenn man alles für sein Kind tut.

Mittlerweile bin ich ab und zu in Schulen unterwegs und erzähle dort die Geschichte von Lukas. Denn wenn ich vielleicht auch nur ein Kind erreichen kann, ist mein Sohn nicht ganz umsonst gestorben.

Letztes Jahr war ich auch mit einer betroffenen Mutter bei Stern TV zum Thema Medikamentenmissbrauch bei Jugendlichen.

Ich werde weiterhin über meinen geliebten Sohn sprechen, denn er ist es einfach wert, dass ich weiter über ihn spreche und ihn niemals vergesse.

Martina Trompa mit Lukas im Herzen