Ja, ich würde Euch allen gerne mal eine positive Geschichte erzählen über meinen Sohn.
Es ist etwas geschehen, was ich nicht mehr erwartet hätte, und ich drücke den Daumen, dass es noch längere Zeit so weitergehen wird.
Auch Euch drücke ich den Daumen ganz feste, denn ich habe gesehen, dass es sich lohnt.
Mein Sohn war sehr suchtkrank seit 4 Jahren mit allem was an entsetzlichen Sachen passieren kann, Ihr wisst genau was ich meine, und daher will ich nicht weiter ins Detail gehen.
Irgendwann ging ich dann zum Elternkreis Köln, was mit unglaublich geholfen hat, mein Schicksal zu verarbeiten.
Dann eines Tages ging ich zu einem vom Elternkreis organisierten Erfahrungs-Treffen mit ehemaligen oder auch aktuell stark Drogenabhängigen.
Auf diesem Treffen erzählte eine Frau von ihren Erfahrungen und erzählte uns, dass der Grund für ihre Sucht die Diagnose ADHS ist, was bei ihr zu einer „Selbstmedikation“ mit Drogen geführt hat, denn sonst hätte sie sich wohl umgebracht, wie sie sagte. Später wurden dann die Drogen substituiert.
Sie erzählte, dass der gute Ausgang einem bestimmten Arzt zu verdanken sei, der die Doppeldiagnose gestellt hatte und der sie in einer besondere Klinik, das Kamillushaus in Essen aufgenommen hatte.
Der Arzt sei der erste Arzt gewesen in ihrem Leben, der ihr wirklich geholfen hatte.
Ich fragte sie sofort nach seinem Namen und der Adresse der Klinik.
Nach einiger Zeit hatte ich meinen Sohn überzeugen können, diesen Arzt doch einfach mal „unverbindlich“ aufzusuchen. Der Arzt kam nicht mit einem weißen Kittel, sondern mit einem einfachen Pulli gekleidet, holte uns am Empfang ab und ich merkte gleich einen besonderen menschlichen und natürlichen Ton, in dem er mit meinem Sohn redete.
Nach einer Viertelstunde bat mich dann mein Sohn, doch bitte das Büro zu verlassen, damit er vertraulich mit dem Arzt sprechen könnte…
Zu meinem grossen Erstaunen fanden die beiden einen guten Kontakt und mein Sohn ging freiwillig mehrmals wieder zu diesem Arzt.
Nach dem 5. Mal kam er mit ihm aus dem Büro und sagte mir „Papa, ich mach hier einen Entzug“ und tatsächlich machte er dreimal einen Entzug im Kamillushaus, brach einmal ab aber nach einigen Wochen ging er wieder hin und zwar ganz freiwillig! Ihr könnt Euch sicher meine riesengrosse Freude vorstellen und meine wieder aufkeimende Hoffnung. Mein Daumen verkümmerte fast zur Gänze während dieser Zeit so fest wurde er gedrückt.
Was war nun das Geheimnis dieser Klinik?
Das Kamillushaus in Essen ist erstens eine Christliche Einrichtung, in der die menschlichen Werte auch gelebt werden. Das heißt, die Leute, die in ihrer Not dorthin kommen, werden wie Menschen behandelt und nicht nur wie medizinische Junkies.
Ein wichtige Detail ist auch, dass man während der Kur oder Reha zumindest Zigaretten rauchen darf, denn alles sofort aufzuhören, ist für viele einfach unmöglich.
Zweitens, und das ist einfach unglaublich ausschlaggebend: Wenn einer abbricht oder wieder rückfällig wird oder auch in der Klinik rückfällig wird, wird er dann einfach ungnädig rausgeworfen oder gar verbannt? Nein! Man sagte meinem Sohn „Tschüss Martin, alles Gute und wenn Du es nochmal versuchen willst, kannst Du jederzeit wieder anrufen und zurückkommen.“
Das war bei meinem Sohn ausschlaggebend, dass er es drei mal gemacht hat, bis es beim 3. Mal soweit geklappt hatte, dass er danach stabil genug war, um in einer Wohngruppe zu wohnen, wo er jetzt schon seit 10 Monaten lebt.
Es gab 3 kleinere Krisen seitdem in der Wohngruppe, aber die wurden gemeistert, denn auch die Wohngruppe kann mit Problemen umgehen. Ansonsten ist er Clean!
Vor einer Woche schrieb ich einen offenen Brief an den Arzt und die Klinik, um ihnen zu erzählen, wie es meinem Sohn geht und mich für die großartige Arbeit zu bedanken.
Herr Dr. P. antwortete mir, dass er sich sehr freut für meinen Sohn und sagte mir etwas, was mich sehr nachdenklich gemacht hat und mich gefreut hat, hier seine Antwort:
Vielen herzlichen Dank für die tolle Rückmeldung. Ihr Sohn und seine Gesundheit lagen mir sehr am Herzen und ich freue mich sehr, dass er sich eine Möglichkeit zu einem zufriedenen Leben erarbeiten konnte. Ich drücke ihm die Daumen, dass er seine Chance auch weiterhin nutzen kann. Grüßen sie ihren Sohn bitte ganz herzlich von mir und wünschen ihm bitte alles Gute.
Ich bedanke mich auch bei ihnen für ihren Einsatz bei der Behandlung. Ein häufiges Problem der Suchterkrankung ist, dass Patienten von ihren Angehörigen nicht dauerhaft unterstützt werden. Sie waren immer für ihren Sohn da und haben ihm seine Entscheidung erst möglich gemacht. Ich wünsche ihnen alles Gute und falls sie etwas brauchen, melden sie sich bitte.
Ich habe ihre Mail an das Team weitergeleitet.
Also weiterhin Daumen drückend Eure Kinder sinnvoll unterstützen! Liebe Grüße, Wolfgang