Selbsthilfegruppen für Suchterkrankte: Narcotics Anonymous (NA)

Um besser zu verstehen, was NA eigentlich ist, folgen zunächst einige Fakten. Im Anschluss daran findet ihr auch eine persönliche Erfahrung, die zeigt, wie NA im Alltag erlebt wird.

Die Fakten

Narcotics Anonymous (NA) ist eine eigenständige Gemeinschaft für Menschen, die mit Drogen aufgehört haben oder aufhören wollen. Entstanden ist NA 1953 in den USA und hat sich seither zu einem weltweiten Netzwerk lokaler Selbsthilfegruppen entwickelt, die durch gemeinsame Strukturen und Leitlinien miteinander verbunden sind. In Deutschland gibt es NA seit den frühen 1980er-Jahren. Obwohl jede Woche Hunderte Meetings stattfinden, wird NA im klassischen Hilfesystem nicht überall gleichermaßen wahrgenommen.

Heute gibt es weltweit mehr als 70.000 Gruppen in über 140 Ländern.

Für viele ist NA ein wichtiger Halt – keine Therapie, keine Beratungsstelle, sondern Selbsthilfe von Betroffenen für Betroffene.

Struktur & 12 Schritte

NA-Treffen folgen einer klaren Struktur:
Es gibt feste Lesetexte, klare Regeln für die Meetings und ein respektvolles Miteinander beim Teilen.

Grundlage des Programms sind die 12 Schritte – ein Rahmen, um das eigene Leben zu verändern, Verantwortung zu übernehmen und Unterstützung anzunehmen. Dazu gehört auch die Idee einer „Höheren Macht“, die jeder nach eigener Auffassung verstehen kann – religiös oder nicht-religiös.

Für viele ist genau diese Kombination aus Struktur und Offenheit der entscheidende Halt auf dem Weg in ein suchtfreies Leben.

Präambel & Wer ist süchtig?

Gleich zu Beginn jedes NA-Treffens wird die Präambel gelesen – ein kurzer Willkommens- und Einführungstext für alle, die den Wunsch haben, ihre Sucht zu beenden.

NA ist unabhängig, kostet nichts und hat keine hierarchischen Strukturen. Aufgaben innerhalb der Gruppe – z. B. Moderation oder Kassenführung – sind zeitlich begrenzt, ehrenamtlich und orientieren sich an den 12 Traditionen, die die Unabhängigkeit der Gruppen sichern.
„Uns interessiert allein, wie du dein Problem angehen willst und wie wir dir helfen können.“
(Auszug aus der NA-Präambel

Ebenfalls am Anfang wird der Text „Wer ist süchtig?“ vorgelesen. Er beschreibt, wie tief Sucht in das Leben eingreift und welche Folgen sie haben kann:
„Wir sind in der Gewalt einer fortschreitenden Krankheit, deren Ende immer das Gleiche ist: Gefängnis, Anstalt oder Tod.“ (Auszug aus dem NA-Lesetext „Wer ist süchtig?“)

In den Meetings hat jeder eine feste Redezeit. Es wird zugehört – ohne Unterbrechung, Diskussion oder Bewertung.
So entsteht ein sicherer Raum, in dem jeder offen sprechen kann. Gespräche und Vernetzung passieren meist davor oder danach.

NA ist weit mehr als ein wöchentliches Meeting.

Ein fester Bestandteil ist das Sponsoren-System: Erfahrene Mitglieder begleiten neue auf ihrem Weg und stehen als persönliche Ansprechpartner zur Seite.

In Deutschland gibt es ein dichtes Netz an Präsenz- und Online-Meetings – oft sogar täglich zu festen Uhrzeiten. Über Telefonlisten und Chatgruppen ist fast immer jemand erreichbar. Weltweit betrachtet läuft die Unterstützung sogar rund um die Uhr.

Für viele wird NA so zu einer „zweiten Familie“, die Halt gibt, wenn es sonst niemand kann.

Um einen Eindruck zu bekommen, wie NA wirken kann, lest gerne diese persönlichen Text von einer Mutter und ihrer Tochter.

Persönliche Erfahrungen mit NA – das Interview einer Mutter mit ihrer Tochter

Die Mutter sagt:
Für mich ist es ein großes Geschenk, meiner Tochter wirklich auf Augenhöhe zuzuhören. Durch sie habe ich NA (Narcotics Anonymous Selbsthilfe) kennengelernt und erfahren, wie wertvoll gegenseitige Unterstützung sein kann.

Ich habe sie gebeten, mir ein paar Fragen zu NA zu beantworten – und freue mich, ihre Erfahrungen hier mit euch zu teilen.
Wichtig ist ihr der Hinweis: Es sind ihre ganz persönlichen Eindrücke, nicht die offizielle Sicht von NA.

Hier findet ihr das Gespräch von Mutter und Tochter.

Wie hast du von NA erfahren?

Tochter: Als ich mitbekommen habe, dass ich ein Suchtproblem habe, habe ich das niemandem erzählt. Und die einzige Person, von der ich wusste, dass sie damit offen umgeht, war mein Tätowierer-Freund. Ich wusste, dass er regelmäßig zu Meetings geht.

Und irgendwann habe ich mich ihm in einer Tattoo-Session geöffnet und gesagt, dass ich glaube, das ich ein Problem habe. Ich bin direkt nach der Session mit ihm zusammen zum ersten Mal zu einem NA-Meeting gegangen.

Später habe ich auch in der Entgiftung NAler kennengelernt, die sich in der Klinik vorgestellt haben.

Wie war der ersten Kontakt, als du dann selbst mal in der Gruppe warst?

Tochter: Es war erstmal ein bisschen viel für mich – direkt beim Vorlesen der Präambel und „Was ist Sucht“ musste ich weinen, weil ich mich wiedererkannt habe. Es war sehr emotional – erstmal einfach nur zuzuhören, was die anderen geteilt haben. Am Ende sind mehrere Frauen auf mich zugekommen und haben mir ihre Nummer gegeben. Sehr viel später habe ich eine der Nummern auch tatsächlich benutzt und habe eine Frau von damals angerufen. Sie hat mir sehr weitergeholfen.

Durch die Weitergabe der Nummern an Neue fällt es leichter, ein Netzwerk in der Gemeinschaft aufzubauen.

Ist NA eine Sekte ?

Tochter: Nein – der Eindruck entsteht, weil oft das Wort Gott fällt, beispielsweise in der Präambel oder im 12 – Schritte-Programm – aber es geht nicht darum, dass an einen bestimmten Gott geglaubt wird. Man kann für sich frei wählen, ob man eine höhere Macht in der Gemeinschaft oder in der Verbindung mit der Gemeinschaft für sich findet. Ob es wirklich ein christlicher Gott ist oder ein muslimischer, ein buddhistischer oder einer, der gar nicht definiert ist.

Es geht nur darum, dass man selbst nicht in der Lage dazu ist, die Sucht zu kontrollieren und dafür Hilfe braucht von etwas Höherem. Du kannst auch dabei bleiben, wenn du keinen Glauben hast – man wird trotzdem nicht abgestoßen.

Seit wann gehst du zu den NA Meetings, und was sollte man über die Teilnahme wissen?

Tochter: Vor 3,5 Jahren war ich in meinem ersten NA Meeting, danach eher unregelmäßig.

Seit 8 Monaten gehe ich regelmäßig in die Meetings – mit Pausen, wenn ich nicht clean war. Ich gehe in verschiedene Gruppen in verschiedenen Städten. Auf der Internetseite findet man die Info, wann wo ein Meeting ist und geht einfach ohne Voranmeldung hin.Es kostet nichts an NA teilzunehmen. Und du musst nichts versprechen. Du bist Mitglied, wenn du es sagst.

Was hilft dir besonders bei den Treffen?

Tochter: Es hilft mir, weil ich abends oft Suchtdruck habe und ich dann nicht alleine bin.
Es hilft mir, weil ich von Leuten sehe, die genauso ein Problem haben wie ich mit Sucht, dass die clean sind und das gibt mir Hoffnung.

In der Entgiftung sehe ich nur Leute, die rückfällig sind nach 8 oder 9 Jahren Cleanzeit – oder auch Leute, die noch nie clean waren.

Es tut gut, mit Leuten am Tisch zu sitzen, die schon lange Cleanzeiten haben und auch diesen Horror hinter sich haben von den ersten schweren Jahren, dann kann man daran glauben, es zu schaffen. Durch ihre Erfahrung können sie viele Dinge weitergeben, die einem helfen können, beispielsweise eine Stunde zu schaffen, in der man krassen Suchtdruck hat.

Und der Kontakt zu cleanen Leuten hilft, weil man raus aus der Szene kommt oder aus den Freundeskreisen, mit denen man Drogen nimmt.

Es hilft, mit Leuten zusammen zu sein, die auch versuchen clean zu sein und es hilft sehr, dass man die auch anrufen kann.

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Alles wirkliche Leben ist Begegnung.
(Martin Buber)

Und genau das hilft mir im Kontakt mit meiner Tochter!

Mehr zu NA findet ihr hier

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