Sucht & Familie

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„Ich vermisse mein Kind wie es früher war!“

Die Sucht verändert unsere Kinder. Misstrauen, Aggressionen, Konflikte, Sprachlosigkeit und Unverständnis erschweren eine gegenseitige Annäherung. Den Menschen hinter der Sucht kann man kaum noch erkennen …

Alles ist dem Drogenkonsum untergeordnet. Unsere Kinder wollen auf die positive Wirkung des Suchtmittels nicht verzichten. Das Suchtmittel ist wie eine große Liebe. Der Umgang zwischen Eltern und Kindern ist extrem belastet. Die Kommunikation wird vorwurfsvoll und konfliktgeladen. Vielleicht gibt es ab und zu die Möglichkeit, gute Momente miteinander zu erleben, in denen die aktuellen Probleme etwas in den Hintergrund treten.

Ein gemeinsamer Spaziergang, Sport, ein Ausflug, ein Spiel , Essen gehen … Alles hat seine Zeit.

Vielleicht ist es in der momentanen Situation auch einfach nicht möglich, wieder zu einem besseren Miteinander zu kommen. Manchmal braucht es etwas Abstand, um sich irgendwann wieder annähern zu können.

Erinnere dich an die schönen Momente, an positive Eigenschaften deines Kindes. Was war/ ist das Besondere an deinem Kind? Welche Talente hat dein Kind? Welche Ressourcen hat dein Kind?

„Ich habe Angst und fühle mich hilflos“

Unsere Kinder lassen keine Hilfe zu. Gefahren und Konflikte erreichen unsere Belastungsgrenzen. Wie gehe ich damit um?

Unsere Kinder bringen sich gleich mehrfach in ernste Gefahr durch Risiken des Drogenkonsums, Beschaffungskriminalität, psychische Erkrankungen, Obdachlosigkeit …

Polizei und Rettungswagen stehen mitunter vor unserer Tür. Wir haben Angst um unser Kind und fühlen uns hilflos, aber verantwortlich. Aber wir können nicht helfen, solange unser Kind es nicht selber will.

Gleichzeitig müssen wir mit Rückzug, respektlosem Verhalten, Vorwürfen, Aggressivität, u.U. Diebstahl, gewalttätigen Ausbrüchen, Wut und Zerstörung klarkommen. Es ist gut, wenn man seine Haltung hierzu gefunden hat.

Was kann und will ich ertragen? Und ist es vielleicht manchmal besser, Abstand herzustellen und sich eine Pause zu gönnen? Wie kann ich mich entlasten? Besteht die Möglichkeit, Verantwortung abzugeben an professionelle Hilfestellen wie beispielsweise das Jugendamt, den sozialpsychiatrischen Dienst, einen Beistand, einen Betreuer, eine Klinik?

„Ich verstehe mein Kind nicht mehr.“

Wir dringen nicht mehr durch zu unserem Kind. Seine Erlebenswelt ist eine komplett andere als unsere. Unser Kind zieht sich immer mehr vom Familienleben zurück. Wir verlieren den Kontakt…

Den Rausch, die Glücksgefühle und das Verdrängen von negativen Empfindungen, das unsere Kinder durch den Konsum erfahren, schaffen ein riesiges Ungleichgewicht zu unseren lästigen Annäherungsversuchen, unserem Drängen und unseren Vorschriften. Dazu kommt die innere Unruhe und ein enormer Beschaffungsdruck, der die Situation zu Hause eskalieren lassen kann.

Irgendwann gibt es aber diese kleinen Momente zwischen dem Rausch und dem nächsten Kick, wo man es schafft, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Und wenn man einen solchen Moment erwischt, fragt eure Kinder mal, warum sie eigentlich konsumieren. Was gut daran ist, zu konsumieren oder was sich ändern würde, wenn sie nicht mehr konsumieren. Dieser Moment muss gar nicht lang sein… schaut mal unter dem Begriff „Motivierende Kurzintervention – MOVE – Sucht“

Wenn eure Kinder mit euch sprechen, hört ihnen gut zu. Sie sagen oft mehr, als man beim ersten Hören wahrnimmt.

„Ich habe kein Vertrauen mehr zu meinem Kind!“

Unsere Kinder verwahrlosen mit verstärktem Drogenkonsum. Sie vernachlässigen ihr Äußeres, ihre Hobbies, Freunde, Schule, Ausbildung… ihre Prioritäten haben sich komplett verschoben zugunsten des Konsums. Es tut weh, dabei zusehen zu müssen.

Sie halten keine Termine und Pflichten mehr ein, weil das nicht mehr wichtig für sie ist. Antrieb und Motivation fehlen. Um an Geld für Drogen zu kommen, wird manipuliert und gelogen. Wertgegenstände sind nicht mehr sicher in unserem Haus. Vereinbarungen werden nicht eingehalten und Grenzen werden häufig überschritten. Das Vertrauen zu unserem Kind geht komplett verloren.

Dann ist vielleicht der Zeitpunkt gekommen, eine räumliche Distanz zu schaffen oder sich zumindest zurückzuziehen, Abstand herzustellen, und sich gut um sich selbst zu kümmern. Das ist ganz wichtig, um nicht selbst krank zu werden. Es lenkt ein wenig ab und stärkt uns im Umgang mit unserem Kind.

Und das spürt auch unser Kind. „Die beste Mutter kümmert sich zuerst um sich selbst“ … Das gilt in besonderem Maße für die Mutter, aber natürlich auch für den Vater. Denn nur dann haben wir auch noch genügend Kraft, unseren Kindern zu helfen, wenn sie um Hilfe bitten.

Diesen Spruch habe ich den Lebenskarten von Barbara Völkner entnommen. Die Karten sind toll und helfen bei der Selbststärkung!

Wir sind oft immer noch ein Anker für unsere Kinder.“

Auch wenn wir es nicht immer spüren, haben wir Einfluss auf unsere Kinder und können ein Haltepunkt sein. Wir können zu Änderungen anregen, unseren Kindern helfen, wieder einen selbst bestimmten Weg für sich zu finden.

Bei Therapieabbruch oder auch nach Therapieabschluss sind wir oft erste Anlaufstelle, weil da sonst niemand mehr ist. Bei gleichzeitiger psychischer Erkrankung sind wir oft diejenigen, die sich darum kümmern, die passenden Hilfestellen für unser Kind zu finden. Wir sind Notfallhelfer und Versorgungsstation, auch wenn wir manchmal eher Abstand benötigen würden.

Als Eltern sind wir mit unseren Kindern verbunden, egal wie die Beziehung gerade ist – wir durchleben sowohl Enttäuschungen, Verletzungen, Kontaktabbrüche, wie auch unbedingten Beistand und Kampfgeist. Die Bindung zu unseren Kindern ist mal stärker und mal weniger stark ausgeprägt.

Wenn unsere Kinder sich auf den Weg machen, etwas verändern zu wollen, sollten wir ihnen dabei helfen, ihre Selbstwirksamkeit zu stärken. „Du schaffst das, wenn du es wirklich willst!“

Erkennt auch kleine Fortschritte an und sagt es euren Kindern!

Es sind viele kleine Schritte auf einem langen Weg mit vielen Höhen und Tiefen notwendig und niemand weiß, wohin der Weg führt. Keine wirkliche Veränderung passiert von heute auf morgen.

Seid geduldig mit euch und euren Kindern.