Schöne Momente

Start » Reflexion » Schöne Momente

Gedanken – Erinnerungen schaffen

Es gibt kaum ein schlimmeres Gefühl, als die Angst, mein Kind könnte vor mir sterben. Mit gesunden Kindern verfolgt einen das nicht ständig. Doch als Mutter eines suchtkranken Sohnes sitzt mir diese Angst im Nacken und lähmte mein Leben vollkommen.

Ich wollte ständig wissen, was mein Sohn macht, wo er ist und mit wem, um ihn allenfalls „retten“ zu können. Die Beziehung zu unserem Sohn wurde immer schlechter. Dann im letzten Jahr im Januar erfuhren wir, nach einer nächtlichen Suche nach ihm, dass er mit einer Überdosis auf der Intensivstation liegt. Schrecklich! Er schaffte es zu überleben, doch bei mir war die Seele einmal mehr verängstigt.

Monatelang verdrängte ich das Ereignis und funktionierte nur noch. Es war mir klar, dass ich dieses Problem bei mir werde angehen müssen. Ich hörte Sätze wie „bei einigen Dingen kannst du nichts machen“ oder „radikale Akzeptanz“, doch wie sollte ich akzeptieren, dass mein Kind unter Umständen vor mir sterben wird? Wie sollte ich damit umgehen? Was bleibt mir denn da in meinem Leben, wenn ich mein eigenes Kind loslassen müsste? Er ist doch meine Zukunft!

Die Erinnerung! Mein Lösungswort. Egal bei wem und mit wem, die Erinnerung bleibt mir… bleibt ihm. Egal, wen es betrifft, denn man weiß nie, was passieren kann, es bleiben am Schluss die Erinnerungen. An ihn, an mich, an jeden! Es war mir klar, ich muss schöne Erinnerungen achtsam sammeln, sie schaffen und ganz tief in meinem Herzen aufbewahren. Seither hat sich die Kommunikation, das Verhältnis sehr verändert.

Es sind nicht mehr nur kleine Momente, es sind auch gemeinsame Unternehmungen, denn der Fokus ist nicht mehr auf dem, was nicht klappt, sondern auf dem, was schön ist. Mir geht es viel besser, und meinem Sohn, als auch meinem gesamten Umfeld macht es mehr Spass, mit mir die Zeit zu verbringen. Bei diesen Gedanken sitze ich auf dem Sofa, mit dem Kopf meines suchtkranken Kindes auf dem Schoss und geniesse die Nähe, die soooo lange überhaupt nicht möglich war. Dieser Moment kommt ganz ganz tief in mein inneres Album. Sandy


„Ich bin doch nicht nur der/die Abhängige!“

Unsere Kinder wünschen sich, dass die Substanzproblematik nicht der Mittelpunkt jeder Kommunikation ist.

Das sagt Susanne von JES NRW dazu:

„Quality-time ist ein schönes Wort, vor allem, wenn an eine entspannte und sorglos verlebte Zeit nicht mal im Ansatz zu denken ist, weil sich das Kind grad wieder sehr rar macht und bei den letzten Zusammenkünften völlig high war, eh nur die Hälfte mitbekommen hat, und einen zusätzlich noch mit Vorwürfen konfrontiert.

Sicher hätte ich mich gefreut, wenn mir meine Eltern einfach nur gesagt hätten, dass sie so eine Zeit gerne wieder mal mit mir zusammen erleben würden. Alleine diese Info und das sie überlegen, wie man das vielleicht realisieren könnte – ob das jetzt wirklich live Treffen sind oder ob man während eines Telefonats eine Ebene findet, sich über gemeinsame positive Erlebnisse austauscht oder dem Kind schreibt, wie man sich damals darüber gefreut hat als es laufen, lesen oder Fahrradfahren gelernt hat.

Einen positiven, ehrlichen Aspekt finden, auf den das Kind nicht allergisch reagiert und dem auch Raum verschaffen, ist sicher nicht einfach, sondern nur möglich.“ Suse