Lange habe ich überlegt, ob ich diesen Post schreiben soll, oder nicht und wann der richtige Zeitpunkt ist.
Ich habe 4 Kinder, 3 aus erster Ehe. Jetzt sind sie 30, 27 und 25. Heute, mit 53, bin ich mir sicher, dass auch der Vater meiner 3 Kinder erkrankt ist, vieles spricht dafür. Verhalten, Antriebslosigkeit, nicht aus dem Bett kommen, Anfangs Cannabiskonsum, später nur noch Nikotin und seine Verwahrlosung, keine Strukturen und jetzt auch vernachlässigen der Körperpflege. Ich war entsetzt, ihn wieder zu sehen. Lange Haare, mager, Vollbart und ungepflegt. Ich habe mich von ihm kurz nach der Geburt des 3. Kindes unserer Tochter, getrennt. Zu dem Zeitpunkt war der Große 4 Jahre alt, der Kleine 2 und das Baby.
Alle 3 Kinder sind jetzt erwachsen. Beide Söhne haben im jugendlichen Alter angefangen zu kiffen und zocken. Der Kleine war vom Verhalten her immer auffällig, aggressiv seinen Geschwistern gegenüber und immer waren die Anderen schuld. Aber er war auch sehr sensibel und liebevoll. Als er 11 war, waren wir wegen seiner Anfälle, mit ihm in einer großen Klinik. Er bekam ein EEG Und die Psychologen meinten, er sollte für weitere Tests da bleiben und unbedingt Ritalin bekommen. Er weinte und wollte auf keinen Fall da bleiben, also verneinte ich alles und nahm ihn wieder mit.
Mit 16 machte er eine Abschlussfahrt nach Holland mit. Später erzählte er mir, da fing alles an, er hat dort verschiedene Sachen ausprobiert.
Als er 18 war, eskalierte es zwischen ihm und meinem neuen Mann, mit dem ich mittlerweile 17 Jahre zusammen bin, und wir haben noch eine 16 jährige Tochter. Er brach meinem Mann den Finger. Er hat sich zum Glück nicht gewehrt, denn er ist ein Typ Arnold Schwarzenegger, aber stellte mich danach zur Wahl, er oder mein Sohn, einer muss gehen. Meine große Tochter wollte auch so nicht mehr weiter machen, sie hatte Angst vor ihm, genau wie die Kleine. Also ging mein Sohn.
Es war alles furchtbar. Er wohnte dann in einer WG und als ich ihn wieder getroffen habe, habe ich ihn nicht wieder erkannt. Er redete davon Gott zu sein… Und noch vieles andere. Wir suchten uns Hilfe und nach weiteren schlimmen Tagen, kam er für 6 Wochen in die Geschlossene. Ich weiß noch, was das für ein Schock war, der erste Besuch dort. So fing alles an. Es folgten ca 6 schreckliche Jahre. Jetzt ist er 26.
Bei seiner 2. Psychose hatte ich für ihn eine 3-monatige Reha organisiert mit Schwerpunkt Sucht (Cannabis, Extasy). Nach den 3 Monaten ging es ihm gut, er war klar und da hatte er ja noch die Idee und den Wunsch, sein Abi zu wiederholen. Doch direkt nach der Klinik, auf dem Nachhauseweg (er wollte selbst mit dem Zug kommen) hat er in der nächsten Großstadt gehalten Freude besucht, statt direkt nach Hause zu fahren. Mit dem Ergebnis bekifft nach Hause zu kommen.
Unsere Enttäuschung könnt ihr euch vorstellen. Dann ging es so weiter, wie zuvor, lange schlafen, nix auf die Reihe kriegen, Schule Abi nicht zu schaffen, nur kiffen und Spiele, aggressiv gegen seine Geschwister. Nach der Klinik wohnte er wieder ein Jahr bei uns. Das war das erste Jahr Corona. Zu der Zeit war er sehr mit seinem Handy beschäftigt und hat erzählt er hat „Zeichen“ in seine Abiarbeiten gemacht damit „sie“ wissen, dass er „es wusste.“ Diese Corona Zeit hat ihn sehr fertig gemacht.
Das Abi wurde natürlich nichts, er war sehr enttäuscht und kiffte noch mehr. Er suchte sich eine Ausbildung bei einer Versicherung in einer anderen Stadt. Von dort mussten wir ihn abholen, in dem Haus schlug uns schon der Grasgeruch entgegen. Wir mussten seine chaotische und dreckige Wohnung ausräumen und er kam in die Klinik.
Aus dieser Klinik holte ihn sein Vater, der sich sonst nie um ihn gekümmert hat, ab. Ich war darüber alles andere als erfreut. Wir hatten einen Platz für ihn in einem betreuten Wohnen organisiert, aber er zog zu seinem Vater und bekam dort eine kleine Ferienwohnung. Ein paar Wochen war Funkstille bis er mir schrieb, dass er Hunger hatte. Ich sagte, geh zu deinem Vater. Aber der kümmerte sich (natürlich) um nichts.
Seinen Führerschein verlor er, weil er bekifft auf dem Moped angehalten wurde. Also kam ich 1 x die Woche und kaufte mit ihm ein. Auch ging er, weil ich es wollte, zur Suchtberatung, kiffte aber weiter. Danach hatte er eine Freundin, die leider selbst betroffen ist. Wir hatten mittlerweile einen tollen Betreuer für ihn.
Er wohnte dann in einer WG, war viel mit der Freundin zusammen und sie kifften nun gemeinsam. Trotzdem hatte er sich selbst wieder eine Ausbildung in einem Grosshandel gesucht, die ihm Anfangs sehr viel Spaß machte. Doch nach 2 Monaten ging wieder nichts mehr. Das war im Sommer 22.
Wir räumten wieder die Wg leer, nachdem ein Mitbewohner mehrmals die Polizei rief. Es eskalierte alles. Er muss irgendwas zu viel genommen haben. Er hatte Todesangst. Er schrie mich auf der Straße an. Ich sagte, ich helfe ihm nicht mehr, wenn er weiterkifft und nicht zum Arzt geht.
Er ist dann wohl selbst zum Arzt gegangen, aber alles was er versuchte, klappte nicht. Er wurde weggeschickt, genau wie in der Klinik. Meinten, so schlecht ging es ihm doch nicht. Am Ende rief er selbst den Krankenwagen und kam dann doch in die Klinik. Da war er aber nur eine Woche auf der geschlossenen und dann in der offenen. Ich besuchte ihn und konnte mich vernünftig mit ihm unterhalten. Ich sagte ihm, es gibt jetzt nur 2 Wege ( und wenn er so weiter gehen möchte, ich ihm nicht mehr helfen werde) und er versprach mir, es zu versuchen und ich ihm, ihm zu helfen.
Ich weiß bis heute nicht, was genau den Wandel gebracht hat, er trennte sich von der Freundin, er nahm seine Medikamente Olanzapin, ging zum Arzt (wobei der in der Klinik meinte zu ihm, kiffen ist nicht schlimm!! Diese Aussage finde ich von einem Arzt unfassbar!!) Zum Glück hat er jetzt einen Netten, dem er vertraut.
Ich erinnere mich noch sehr genau an das Gespräch wo ich ihm gesagt habe, es gibt ab jetzt nur noch 2 Wege, einen den er alleine geht und einen wo ich ihn begleite. Ich habe ihm da erklärt, dass Cannabis grundsätzlich nicht verkehrt ist, aber eben nicht für jeden. Manche, so wie er, sind so sensibel im Kopf, dass sie davon krank werden. Und da er ja schon 3 x eine schwere Psychose hatte, hat er das irgendwie verstanden.
Und für ihn ein negatives Beispiel war ein Kiffer Freund, der mehr in der Klinik, als draußen war, keine Medikamente nahm und nicht mehr aus seinem Wahn kam. Seine Eltern haben ihn auch aufgegeben, aber er ändert nichts. Und ich habe meinem Sohn gesagt, das ist der andere Weg, so siehst du dann auch aus. Zum Glück war er so klar, dass er das auch furchtbar fand.
Ich besorgte ihm eine Wohnung. (Der Betreuer fand keine). Er bekam 2 bis 3 mal pro Woche eine Betreuung (ABW Maßnahme) in seiner Wohnung, die mit ihm einkaufen ging und ihm sehr gut tat. Ich redete mit seinem Chef, da er 3 Monate krank geschrieben war, das er Depressionen hat und aber bald wieder kommt. Der Chef war sehr verständnisvoll, das gibt es so nicht oft. Was anderes sollte die Firma nicht wissen, wollte mein Sohn. Dann ging er wieder zur Arbeit, fuhr mit einem E Roller hin. Seine Wohnung hatte er gut in Schuss, er war nun ordentlich. Alles wurde besser, er fing an, sein Leben in den Griff zu bekommen. Nun ist seine Ausbildung fast fertig, er ist der beste Schüler in der Berufsschule und er hat die MPU in Angriff genommen und vor 2 Wochen BESTANDEN!
Ich habe mich so sehr für ihn gefreut und hoffe, dass es nun so bleibt, er ist wirklich wieder ein normaler toller junger Mann geworden. Er hat wieder Ziele und sagt selbst, er ist glücklich.
Vielleicht macht seine Geschichte euch etwas Mut, nicht die Hoffnung aufgegeben.
– Anonym