Die Dynamik der Co-Abhängigkeit
„Die eigenen Bedürfnisse wieder wahrzunehmen und ihnen Raum zu geben ist der Grundstein langfristiger Veränderungen.“
Katharina, Psychotherapeutin (VT)
Definition: Für uns bedeutet Co-Abhängigkeit eine starke Verstrickung mit einer suchtkranken Person, die aus der Intention des Helfens entsteht. Das eigene Denken, Fühlen und Handeln dreht sich primär um die Sucht der anderen Person und kann seinerseits Suchtcharakter annehmen. Bei den meisten Angehörigen entwickelt sich eine Co-Abhängigkeit schleichend nach einem bestimmten Muster, das in 3 Phasen verläuft.
BKA Modell:
Beschützerphase: Es herrschen vorrangig liebevolle und wohlwollende Gefühle, wie Fürsorge, Unterstützung und ein übermäßiges Verständnis.
Kontrollphase: Angehörige versuchen, die suchtkranke Person durch starke Kontrolle vom Konsum abzuhalten. Es entsteht eine Kontrollillusion.
Anklagephase: ist gekennzeichnet durch Vorwürfe, Wut und Resignation, weil die suchtkranke Person ihr Verhalten trotzdem nicht ändert. Daraus resultieren Ohnmacht und Hilflosigkeit bis hin zum Fallenlassen.
Was sind typische co-abhängige Problemmuster?
- Das eigene Denken kreist nur darum, die suchtkranke Person retten zu wollen.
- Eigene Interessen und Freunde werden vernachlässigt, bis hin zur Selbstaufgabe – dauernde „Halb-acht-Stellung”
- Scham- und Schuldgefühle führen zu Selbstzweifeln, nicht genug zu helfen oder “versagt” zu haben
- Es entsteht ein übermäßiges Verantwortungsgefühl für die suchtkranke Person und dessen Konsum
- Eigene Gefühle werden nicht mehr losgelöst von der suchtkranken Person wahrgenommen (“Mir geht’s gut, weil er/sie gerade eine gute Phase hat”)
- Konflikte werden vermieden, um keinen weiteren Grund für Konsum zu liefern
Co-abhängige Angehörige werden aufgrund der hohen Belastungen oft selber krank. Zudem sind bestimmte Verhaltensweisen sogar suchtfördernd, indem die negativen Konsequenzen des Konsums abgefedert werden. Keine Probleme? Kein Leidensdruck.
Das Spüren der negativen Konsequenzen ist aber wichtig, um in die Eigenverantwortung zu kommen. Das bedeutet: Die eigenen Bedürfnisse wieder in den Blick zu nehmen hilft automatisch dabei, die suchtkranke Person loszulassen. Das hilft uns und auch unserem Gegenüber. Denn das langfristige Ziel sollte sein, die betroffene Person zu motivieren, sich selbst Hilfe zu suchen. Jede/r muss lernen, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen!
Du kannst die Suchterkrankung eines anderen Menschen nicht kontrollieren.
Bei dem Versuch, die Suchterkrankung eines anderen Menschen zu kontrollieren, wird sie dich kontrollieren.
Katharina Müller-Pohle, psychologische Psychotherapeutin mit dem Schwerpunkt Verhaltenstherapie